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Im Veda, der Sammlung ältester indischer Schriften, werden die Götter und Göttinnen mit Tänzern und Tänzerinnen verglichen. Das höchste Absolute manifestiert sich als Shiva Nataraja, König der Tänzer, dessen Tanz Weltschöpfung, Erhaltung und Zerstörung repräsentiert. Die moderne Physik hat gezeigt, was im indischen Gedankengut durch Meditation erfahren wurde, nämlich, daß Bewegung und Rhythmus die wesentlichen Eigenschaften der Materie sind. Das ganze Universum befindet sich in endloser Bewegung und Aktivität.
Alle Materie nimmt am ewigen kosmischen Tanz der Energie teil.
Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts war der Tanz ausschließlich ein wesentlicher Teil des Rituals in den Tempeln, wo er von den Devadasis, den Dienerinnen Gottes getanzt wurde. Heute hat sich sein Schwerpunkt in den Theatersaal verlagert.
Formal besteht der Tanz aus zwei Teilen. In Nrtta, dem abstrakten
Tanz werden axial geometrische Bewegungen zur Ausmalung der Schönheit
von Rhythmus und Melodie ausgeführt. Nrtya ist der erzählerische
Tanz, in dem durch Abhinaya, das Medium des Ausdrucks, die Inhalte
der hinduistischen Mythologie und Literatur getanzt werden.
Symbolhaft und skulptural ist Bharatanatyam ein Abbild des ewigen
kosmischen Tanzes und der Ausdruck der Sehnsucht des Menschen nach
Vereinigung mit dem Absoluten. |
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